Ist Nichtstun ein Verbrechen? Eine Gruppe junger Menschen aus Portugal verklagt die europäischen Regierungen wegen unzureichender Klimaschutzmaßnahmen. Einige sagen, dies sei die einzige Möglichkeit, die Krise aufzuhalten.
Sechs Jugendliche verklagen 32 Nationen im Namen des Klimas
Ist Nichtstun ein Verbrechen? Eine Gruppe junger Menschen aus Portugal verklagt die europaischen Regierungen wegen unzureichender KlimaschutzmaSsnahmen. Einige sagen, dies sei die einzige Moglichkeit, die Krise aufzuhalten.
Am 17. Juni 2017 wuteten die Waldbrande in Portugal. Sechsundsechzig Menschen starben und 204 wurden verletzt. Im Oktober wiederholte sich die Katastrophe und forderte 49 weitere Opfer in Portugal und Spanien.
Claudia Duarte Agostinho war dabei: "Was ich spurte, war Angst. Die Waldbrande machten mir wirklich Angst, was fur eine Zukunft ich haben wurde". Sie berichtet, dass sie seitdem unter Klimaangst leidet.
Auch die Allergien ihres Bruders Martim sind wieder ausgebrochen und ihre 11-jahrige Schwester Mariana leidet unter Asthma.
Jetzt haben die Geschwister einen mutigen Schritt gewagt: Zusammen mit drei anderen haben sie eine Klage gegen 32 europaische Regierungen eingereicht. Sie werfen ihnen vor, ihre Menschenrechte zu verletzen, weil sie es versaumt haben, den Klimawandel zu bekampfen. Wenn die Klage Erfolg hat, konnte sie die betroffenen Regierungen dazu zwingen, dringende KlimaschutzmaSsnahmen zu ergreifen.
Die Jugendlichen konnen sich von einer anderen Klage Mut machen lassen. Im August dieses Jahres gewannen 16 junge Menschen in den USA einen Prozess gegen Montana. Sie argumentierten, dass der Staat ihre Menschenrechte verletze, indem er die ErschlieSsung fossiler Brennstoffe erlaubt.
Das Urteil aus Montana deutet darauf hin, dass Nichtstun in Sachen Klimawandel eines Tages strafbar werden konnte.
Einige sind der Meinung, dass dieser Wandel von entscheidender Bedeutung ist. Im Jahr 2015 fanden Journalist*innen heraus, dass die Olgesellschaften schon in den 1970er Jahren wussten, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe die globale Erwarmung verursacht. Aber sie zogen es vor, ihr Wissen zu vertuschen. Jetzt brennt die Welt, um ihre Profite zu schutzen.
Entscheidungen wie diese haben alle Menschen auf der Erde zu Leidtragenden gemacht, seien es die Menschen in London, die verschmutzte Luft einatmen, Landwirte in Bangladesch, die ihr Land durch den steigenden Meeresspiegel verlieren, oder portugiesische Teenager, die todlichen Branden ausgesetzt sind. Wie der Umweltschriftsteller Mark Hertsgaard sagt: "Jeder Mensch auf der Erde lebt heute an einem Tatort".
Andere argumentieren, dass die strafrechtliche Verfolgung von Nichtstun beim Klimaschutz fast unmoglich ist. Es ist schwierig zu entscheiden, wem man die Schuld geben kann. Wenn wir einen Olkonzern anklagen, verhaften wir dann die Chefs, die Aktionare, alle Mitarbeiter, jeden, der das Ol verwendet hat? Zu entscheiden, wo die Verantwortung liegt, wird Jahrzehnte dauern - und wir haben nicht die Zeit dazu.
Ist Nichtstun ein Verbrechen?
Das Verbrechen des Jahrhunderts
Ja: Alle, die in der Lage sind, den Klimawandel einzudammen, haben die Verantwortung, dies zu tun. Wenn sie das nicht tun, geht es fur uns alle um Leben und Tod. Es ist nur fair, dass sie die Konsequenzen tragen.
Nein: Diejenigen zu bestrafen, die nicht gehandelt haben, wurde einen enormen Aufwand an Zeit, Geld und Muhe erfordern. Aber die Uhr tickt. Wir sollten aufhoren, zuruckzublicken und alle unsere Kraft auf die Zukunft richten.
Oder... Nur wenige von uns sind unschuldig. Jedes Mal, wenn wir einen Einwegplastikartikel wegwerfen oder Strom aus fossilen Brennstoffen verwenden, schaden wir der Erde. Wo ziehen wir die Grenze zwischen Opfer und Tater?
Glossar
verklagen (regelmaSsig) - to sue
das Nichtstun - inaction
die SchutzmaSsnahme - protective measure
unzureichend - insufficient
wagen (regelmaSsig) - to dare
versaumen (regelmaSsig) - to fail
dringend - urgent
strafbar - criminal
der Wandel - change
die Olgesellschaft - oil company
vertuschen (regelmaSsig) - to cover up