Trägt das Fernsehen mehr zur Aufklärung bei als die Schulen? Die Hit-Serie Sex Education kehrt heute auf die Bildschirme zurück. Sie gehört zu einer neuen Generation von Formaten, die die Tabus in Teenager-Beziehungen aufbrechen.
Wie eine Netflix-Komodie Teenager-Tabus umgeht
Tragt das Fernsehen mehr zur Aufklarung bei als die Schulen? Die Hit-Serie Sex Education kehrt heute auf die Bildschirme zuruck. Sie gehort zu einer neuen Generation von Formaten, die die Tabus in Teenager-Beziehungen aufbrechen.
Wir mussen reden
Adam steht schweigend in seiner High School und hat ein Schild um den Hals gehangt. „Ich bin unhygienisch und gefahrde meine Mitschuler." Sein Freund Eric schaut erschrocken. „Das ist mein Schandschild", erklart Adam.
„Du solltest niemals jemandem die Macht geben, dich zu demutigen", sagt ein anderer Schuler. „Du bist groSsartig, so wie du bist."
Dies ist eine Szene aus der dritten Staffel von Sex Education auf Netflix. Die Serie hat sich zu einem Hit entwickelt und erreicht beeindruckende 40 Millionen Zuschauer:innen.
Fur viele liegt der Reiz schon im Namen: Sexualkunde. In fruheren Staffeln wurden Themen wie Sexualitat, Abtreibung und internalisierte Homophobie behandelt. Dieses Jahr stehen Gender-Fluiditat, Korperbilder, Trauma und emotionale Hilfsziegen auf der Agenda.
Die Macherin der Komodie, Laurie Nunn, glaubt, dass Sex Education dort erfolgreich ist, wo die Schulen versagen. Ein Bericht aus dem Jahr 2017 ergab, dass die Halfte der jungen Menschen in GroSsbritannien die Beziehungs- und Sexualerziehung an ihren Schulen als schlecht oder gar furchtbar bezeichnen. Fur einige ist der Unterricht unbeholfen, uninformativ und voller „Horrorgeschichten".
„Ich bin jetzt in meinen DreiSsigern und habe immer noch eine Menge Fragen", sagt Nunn. „Ich denke, es ist wichtig, dass Shows fur Teenager das Thema Sex auf eine ehrliche und menschliche Art und Weise behandeln und nicht als eine Art unerreichbare perfekte Vorstellung."
Naturlich ist Sex Education nicht die erste Serie, in der Sex und Beziehungen offen dargestellt werden. In den Serien Bridgerton und Normal People gab es bereits Intimitatskoordinatoren.
Andere weisen darauf hin, dass nicht jedes Programm eine positive Botschaft uber Beziehungen vermittelt. Viele sind der Meinung, dass die Schulen auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen mussen.
2019 sorgte der walisische Schulleiter Aled Rees fur Schlagzeilen, als er Eltern in einem Brief warnte, dass bereits Kinder im Alter von acht Jahren die Teilnehmer von Love Island kopierten, indem sie Paare bildeten und das Aussehen der anderen bewerteten.
Die Sendung steht in der Kritik, weil sie LGBTQ+-Beziehungen ausschlieSst und nur einige wenige Korpertypen vorstellt. Eine Folge fuhrte sogar zu einer Warnung von einer Wohltatigkeitsorganisation fur hausliche Gewalt.
Erziehungsexperten befurchten auSserdem, dass Reality-TV die Vorstellungen von Liebe und Sex verzerrt. "Niemand geht eine Beziehung ein und muss dann den ganzen Tag uber Wochen in Bademode mit ihm verbringen", erklart ein Journalist.
Tragt das Fernsehen mehr zur Sexualerziehung bei als die Schule?
Ja. Der Sexual- und Beziehungsunterricht in den Schulen kommt oft zu kurz und zu spat. Er findet in klinischen, nach Geschlechtern getrennten Klassenzimmern statt. Im Vergleich dazu hat Sex Education ein offenes Gesprach unter Jugendlichen uber Sex in Gang gesetzt, indem die Serie normale Unterhaltungen zwischen Freunden zeigt.
Nein. Fernsehsendungen spielen eine Rolle bei der Normalisierung von Tabuthemen, aber sie konnen die formale Sexualerziehung nicht ersetzen. Komodien und Reality-Shows mogen viele ansprechen, aber Diskussionen im wirklichen Leben mit sachkundigen Lehrer:innen sind ein wichtiger Bestandteil des Bildungsangebotes uber Sex und Beziehungen.