Ist jeder Krieg ein Verbrechen? Angesichts der Gewalttaten, die Putin in der Ukraine begangen haben soll, argumentieren einige, dass der Begriff „Kriegsverbrechen“ keinen Sinn ergibt. Soll er etwa andeuten, dass bestimmte Arten des Tötens gerechtfertigt sind?
Russland wird Vergehen an Zivilisten beschuldigt
Ist jeder Krieg ein Verbrechen? Angesichts der Gewalttaten, die Putin in der Ukraine begangen haben soll, argumentieren einige, dass der Begriff „Kriegsverbrechen" keinen Sinn ergibt. Soll er etwa andeuten, dass bestimmte Arten des Totens gerechtfertigt sind?
In der Stadt Butscha gab es ein Massaker. Mehr als 300 Menschen mussten in einem Massengrab verscharrt werden. Viele uberlebten nur, indem sie sich in ihren Kellern ohne Licht und Strom versteckten.
Fur viele ist offensichtlich, dass Russland in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen hat. Die Graueltaten haben aber auch eine Debatte daruber ausgelost, was es bedeutet, eine Kriegshandlung als „Verbrechen" zu bezeichnen.
Einige sagen, dass jeder Krieg ein Verbrechen ist. Das Aufstellen von Regeln fur den Krieg macht daher wenig Sinn, denn es gibt keine Moglichkeit, einen Krieg fair oder menschenwurdig zu gestalten.
Der Historiker Samuel Moyn argumentiert, dass unsere Versuche, auf humanere Weise Krieg zu fuhren, ihn nur noch todlicher gemacht haben.
In den letzten Jahren haben Lander begonnen, Drohnen einzusetzen. Sie argumentieren, dass Kampfhandlungen dadurch praziser werden und weniger Zivilisten zu Unrecht getotet werden.
Viele halten dies fur eine humanere Art der Kriegsfuhrung. Doch laut Moyn ist der eigentliche Zweck dieser Neuerung nicht der Schutz der Zivilbevolkerung, sondern die moglichst geringe Zahl an getoteten Soldaten.
In der Vergangenheit konnte kein Staat ewig Krieg fuhren, denn mit zunehmender Zahl der Opfer wuchs der offentliche Druck, Frieden zu schlieSsen. Durch den Einsatz von Drohnen kann der jeweilige Staat aber seine Soldaten aus der Schusslinie halten. Das bedeutet, dass er ohne Angst vor der offentlichen Meinung ewig weiter Krieg fuhren konnte. Ein „humanerer" Krieg konnte also am Ende mehr unschuldige Menschenleben kosten.
Andere wiederum meinen, dass wir uns keinen Idealismus leisten konnen. Es gibt Situationen, in denen Krieg gerechtfertigt oder sogar notwendig ist: zum Beispiel zur Selbstverteidigung oder zur Verteidigung einer anderen Nation, die uberfallen wurde. In diesen Fallen brauchen wir Kriegsregeln, um sicherzustellen, dass die Soldaten nicht in Versuchung geraten, ihre Macht zu missbrauchen.
Ist jeder Krieg ein Verbrechen?
Ja: So etwas wie einen gerechten Krieg gibt es nicht. Wenn wir uber die im Krieg begangenen Verbrechen streiten, verkennen wir das Gesamtbild: Alle, die Kriege beginnen, sind Verbrecher und sollten vor Gericht gestellt werden.
Nein: Manchmal ist es berechtigt, zu kampfen und zu toten, namlich dann, wenn wir angegriffen werden oder es zu einer moralischen Verpflichtung wird, andere zu verteidigen. Unter diesen Umstanden brauchen wir klare Regeln, um den Schaden zu begrenzen.
Oder... Unabhangig davon, ob Krieg an sich kriminell ist oder nicht, findet er statt. Wir brauchen eine Form des internationalen Rechts, um sicherzustellen, dass die Kollateralschaden dieser Kriege auf ein Minimum beschrankt werden.
Folter - torture
Zivilisten - civilians
Gewalttat - act of violence
Kriegsverbrechen - war crime
Massengrab - mass grave
verscharrt werden - to be hastily buried
Graueltat - atrocity
todlich - lethal
aus der Schusslinie - out of harm's way
gerechtfertigt - justified
notwendig - necessary
Selbstverteidigung - self-defence
uberfallen - to attack
in Versuchung geraten - to be tempted
missbrauchen - abuse
verkennen - to misjudge
Verpflichtung - duty
Kollateralschaden - collateral damage
Volkermord - genocide